Stand bein uns im Kölner Stadt Anzeiger:
Playmobil verspielt seinen Erfolg
Bei Kindern einst sehr beliebt: Die bunten Figuren von Playmobil scheinen ihre Strahlkraft verloren zu haben. Die Umsätze sinken auch gegen den Branchentrend. (Noah Wedel/Kirchner-Media)
VON THOMAS MAGENHEIM (RND)
München. Wer mit Gewerkschaftern, Branchenkennern oder Beschäftigten über Playmobil spricht, hört seit Jahren die gleichen Beschwerden: Mobbing, Flops, Führungschaos, Ahnungslosigkeit. Bianca Brutsche macht keine Ausnahme. „Die Gründe sind hausgemacht“, urteilt die Nürnberger Gewerkschaftssekretärin der IG BCE.
Fast 700 von gut 4000 Stellen sollen bis 2025 abgebaut werden, davon 369 Jobs in Deutschland. Erfahren hätten viele Betroffene die Hiobsbotschaft aus den Medien, betont die IG BCE. Mit Beschäftigten rede das Management schon lange nicht mehr, erzählt Brutsche. „Wer offen kritisiert, muss um seinen Arbeitsplatz bangen.“
Selten klaffen Markenimage und Arbeitsplatzwirklichkeit eines Unternehmens so weit auseinander. Die Playmobil-Werbung mit ihren bunten Figuren suggeriert eine heile Welt. Klagen über Einschüchterungen, Psychoterror und Intrigen begleiten die einmal florierende Firma seit Jahren. Weil Angst allgegenwärtig ist, dringt außer bei Prozessen vor Arbeitsgerichten wenig nach außen. Das Unternehmen selbst streitet alle Vorwürfe stets ab.
Playmobil stehe vor „wirtschaftlichen Herausforderungen“, Nachwirkungen der Pandemie, heißt es offiziell. In den vergangenen beiden Geschäftsjahren habe sich deshalb eine „herausfordernde Situation“ mit Umsatz- und Ergebniseinbußen ergeben. Damit entwickelte sich Playmobil offenbar entgegen dem Branchentrend in der Pandemie. Binnen zwei Jahren gingen die Umsätze in Deutschland branchenweit um stattliche 15 Prozent nach oben. Erst voriges Jahr sanken die Erlöse wieder in Deutschland um 5 Prozent auf rund 3,7 Milliarden Euro. Mangelnde Nachfrage taugt also eher nicht zur Erklärung der Misere bei Playmobil.
Die liefert ein Insider, der die Branche begleitet. „Playmobil wird seit Jahren von Ahnungslosen gesteuert“, sagt der schonungslos. Mehrere Führungswechsel habe es seit dem Tod des Firmenpatriarchen und Playmobil-Erfinders Horst Brandstätter 2015 gegeben. Danach seien oft Branchenfremde zu Chefs gemacht worden, was den von Brandstätter hinterlassenen Führungsstrukturen geschuldet sei.
Der hat Playmobil mangels familiärer Nachfolge an eine Stiftung übertragen, die mit der 64-jährigen Marianne Albert Brandstätters frühere Sekretärin führt. Darüber, wie sehr sie ins Geschäft hineinregiert, wird ebenso spekuliert wie über ihre Qualifikation für das wichtige Amt. „Es gibt keine richtige Führungsstruktur, Playmobil ist nicht modern aufgestellt“, urteilt ein Branchenkenner. Im Juli hatte Steffen Höpfner als Firmenchef resigniert hingeschmissen. Das Unternehmen schweigt bis heute über die Hintergründe seines Ausscheidens. Es kommuniziert nach außen ebenso spärlich wie mit der Belegschaft.
Weil am Bedarf vorbei produziert wurde, habe Playmobil zuletzt immer wieder Umsatz durch preisreduzierte Sonderaktionen erzwingen müssen, sagen Kritiker. Noch 691 Millionen Euro haben die Franken im Geschäftsjahr 2021/22 (zum 31. März) ausgewiesen bei um die Hälfte auf 50 Millionen Euro eingebrochenem Gewinn vor Steuern. Immer noch keine Zahlen wurden für das längst beendete Geschäftsjahr 2022/23 genannt. Klar ist, dass es weiter nach unten ging. Ob überhaupt noch schwarze Zahlen geschrieben werden, bleibt offen.
„Was bei Playmobil vor sich geht, darf nicht passieren bei einer Marke von Welt“, kritisiert Gewerkschafterin Brutsche. Andere nennen weitere Details wie einen Playmobil-Kinofilm, der an den Kassen gefloppt ist. „Playmobil hat wild versucht, Lego zu kopieren“, urteilt ein Kritiker. Auch im wichtigen Lizenzgeschäft hätten die Franken danebengegriffen und Geld versenkt.
Wie es weitergeht, ist unklar. Playmobil werde auch künftig in Deutschland und Europa produzieren, versichert das Unternehmen. Die Figuren und ihr Zubehör werden in Franken, Tschechien und auf Malta gefertigt. Der Stellenabbau wird fallende Umsätze nicht stoppen. „Eigentlich müsste Playmobil verkauft und professionell gemanagt werden“, sinniert ein Branchenkenner. Das gehe aber wegen der Stiftungskonstruktion wohl nicht.